Nur wer selbst brennt, kann Feuer in anderen entfachen

Schon das zweite Mal bricht nun die letzte Woche hier für mich an. Das zweite Mal werden Pläne geschmiedet, was wann wie wo zum letzten Mal gemacht werden muss. Welche Projekte sind noch offen, welche Sektoren müssen nochmal besucht werden, welche Unternehmungen waren noch geplant und müssen noch realisiert werden?!? So viel zu tun und plötzlich so wenig Zeit um alles zu erldigen…beim letzten nahenden Abschied hab ich mir darüber nicht viele Gedanken gemacht, weil da ja schon feststand: ich komme nach der Sommerpause wieder. Der Gedanke „ich mach das jetzt zum letzten Mal“ kam einfach nicht auf, denn ich wusste ja „…dann mach ich’s halt in drei Monaten“…ähnlich war es mit meinem Blog. Der wurde ja gestartet für meine Liebsten zu Hause, weil in den andalusischen Bergen nicht an jeder Ecke ein Briefkasten für Postkarten steht (abgesehen natürlich von DEM großen schwarzen Briefkasten, der in keiner von Tobis Wegbeschreibungen fehlt, denn er weist den Kletterern den Weg zu unseren Klettersektoren…) und ich euch alle auf dem Laufenden halten wollte, was hier so passiert und wie es mir geht. Nach Ende der ersten Saison kam dann des Öfteren eine kleine Spitze Bemerkung „Gibt’s eigentlich auch irgendwann einen Abschlussbericht, oder lässt du den Blog einfach vergammeln?“…wie man sehen kann: es gab kein Ende, weil es ja hier weiterging! Und wer jetzt hofft in den folgenden Wörtern, Sätzen, Satzzeichen das Wort „Ende“ zu finden, den muss ich enttäuschen! Die letzten Wochen wurde ich hier mit so vielen Menschen konfrontiert, die mir gezeigt haben dass man IMMER wieder an die Lodge zurückkommt, dass ich keine Abschiedsträne vergießen werde.

Meine Berge bleiben meine Berge und die Lodge ein Stückchen Heimat!

War jetzt doch ein bisschen emotional…bin halt kein Mensch aus Stein…ist aber auch echt kein Wunder, endete doch mein letzter Beitrag mit der Flugzeugstory, in der mich ein Typ vom Rücksitz angequatscht hat „Bist du nicht Mariela, die in der Climbing Lodge als Trainerin arbeitet?”…nach kurzer Verwirrung und klärender Konversation im Mittelgang des Flugzeuges (die Stewardess ballerte währenddessen auch nur zweimal ihren Rollwagen über meinen Fuß…bei den Billigfliegern kann man echt arm werden, wenn man ein Langeweilekäufer ist: Essen, Getränke, Perfum, Lotterielose…die rennen da mit einem Affenzahn die paar Meter zwischen Cockpit und Ende der Streichholzschachtel hin und her, als ob es sonst bei der nächsten Kerosintankstelle kohlemäßig knapp werden könnte…unglaublich!) hat sich rausgestellt, dass er in der letzten Herbst-Saison hier mit seiner Freundin im Housekeeping gearbeitet hat & nun Urlaub in einem der Ferienhäuser der Lodge macht…somit Person Nummer eins, die mir gezeigt hat: die Lodge ist wie eine Homebase: man kommt einfach immer wieder zurück!!!
Dann hätten wir noch unseren all-time-favourite Gast Lena! Letzte Saison mit Sohnemann im Anhang, Anfang der Herbstsaison mit ihrer „ich bin morgens immer müde“-Partytruppe und zum Ende der Saison ambitioniert mit ihrem Nachwuchs im Mehrseillänge-Kurs und gerngesehener Gast im Mobilehome des Lodge-Teams!…das bisschen Regenwetter haben wir bei diversen Besuchen in der Bar Isabell und der Boulderhöhle natürlich bestens genutzt.

Wer jetzt glaubt, das wars mit den Beispielen, der irrt gewaltig!…kurze Zeit später wird mir André angekündigt: ehemaliger Klettertrainer in der Lodge…auf seinem Konto stehen bereits drei Saisons…plus nun zwei Wochen Urlaub mit seiner Liebsten, die zwischendurch mal froh war, wenn sie ihren klettergeilen Freund mit mir losschicken und gemütlich ihr Buch lesen konnte…man hilft ja wo man kann!
Besuch und neue Leute um uns herum hatten wir in den letzten Wochen auch im Team wieder zur Genüge! Nachdem uns unser Küken Katrin nach zwei Monaten verlassen musste (…sie hat auch echt nur ein paar Wochen ihres neuen Semesters geschwänzt und ist nun schon wieder fleissig am Studieren!), zog als unterstützende Housekeeping-Fee Janina ins grosse Mobilehome ein…nachdem die anfängliche Verwirrung bezüglich ihres Namens geklärt wurde („Tschanina“? „Jaaaanina“?, „Janiiiina“?, „Jannina“?…und ich dachte immer mein Name wäre kompliziert!…man einigte sich auf „Nina“!) transformierte sich das Team nun zu einer mehr oder weniger ambitionierten dreier Seilschaft (meine Hannah war ja mit ihrem Bus schon Mitte Oktober zurück nach Deutschland aufgebrochen) und das „Klettertraining“ konnte fortgeführt werden!…jaaaaaa, ich gebe zu: wenn man monatelang jeden Tag die Möglichkeit hat klettern zu gehen, dann wird man unter Umständen auch mal etwas faul was die eigene Motivation angeht. Will heissen: da kommt es schon auch des öfteren vor, dass sich der Gedanke einschleicht „Heute kletter ich einfach mal gemütlich“. Ich nenne es das gechillte-Abhängsyndrom. Grundsätzlich nicht schlimm, vor allem wenn man mit den richtigen Leuten abhängt…aber irgendwann nerven eine Löwin dann doch die Hummeln im Hintern, bzw. die frechen Fliegen am Pool und die Königin der Tiere will wieder was reissen! Am besten pumpig schwere Routen!…gesagt, getan: altes Dauerprojekt in Serena eeeeeenlich abgehakt (Kletteralzheimer sei dank hatte ich es drauf mir entweder den Anfang ODER das Ende zu merken und bin fast durchgedreht in der Tour!), neuen Lieblingssektor und tolle Touren in Suizo gefunden und ob sie wollten oder nicht: Sabine und Nina wurden so lange bequatscht, bis ich sie soweit hatte mich zu begleiten!…jajajaja…was soll ich sagen?! Eigentlich „musste“ ich da ja das erste Mal hin, weil mein Sabin´sche sich da ein Projekt ausgesucht hatte (O-Ton: „Irmchen…ist einfach so ein schöner Name! Das ist jetzt mein Projekt“)…letztendlich hab ich da echt ganz schön was weggeklettert und was am wichtigsten war: ich hatte endlich meine Klettermotivation wieder!!! Booooom-ya!

 

Ein schöner Strandausflug nach Nerja war an einem der wenigen Regentagen auch noch drin…

…schon echt faszinierend, was das Wetter so in den Bergen für ein Unwesen treiben kann!…da hängen den kompletten Tag auch mal die Wolken in den Gipfeln und kaum setzt man sich ins Auto, fährt 20 km und landet bei strahlendem Sonnenschein am Strand!…absolut genial!…wobei ich auch erwähnen muss, dass ich mich in den letzten Monaten glaube ich so viel übers Wetter unterhalten habe wie noch nie in meinem ganzen Leben!!!…es ist echt unglaublich, aber tatsächlich scheint eins der Lieblingsthemen von Gästen, Teammitgliedern, Nachbarn, Freunden, etc. der Wetterbericht zu sein! „Und, was sagt deine Wetter-App?“…“Bei mir steht Sonne und Wolken!“…“Morgen solls mit 20%iger Wahrscheinlichkeit entweder regnen oder auch nicht!“…“Hast du auch mal auf dem lokalen Wetterdienst geguckt?“…usw. …mein Tipp für alle zukünftigen Lodgebewohner: morgens auf die Terrasse gehen, wenn´s gut aussieht wird´s wahrscheinlich gut und wenn´s bewölkt aussieht kann´s trotzdem aufklaren…tendentiell immer ne Windjacke mitnehmen und hört auf Tobi :“Der Fels trocknet nach Regen total schnell. Wenn die Felsspitzen hell werden kann man seine Klettersachen packen und losfahren!“…ich habs auch erst nicht geglaubt, bis ich einmal von einem (im Wetterbericht NICHT angekündigtem) Sprühregenschauer überrascht wurde und wir nach 20 Minuten wieder in trockene Routen einsteigen konnten…grundsätzlich spart man sich viel Gequatsche übers Wetter, wenn man einfach mit den richtigen Klamotten anreist…ich möchte hiermit nochmal alle Menschen nerven, die mich in den letzten Wochen um sich hatten, ABER meine windbreaker-Daunenjacke ist die BESTE Anschaffung, die ich jemals getätigt habe!…will heissen: im Frühjahr zwischen Februar- April und Spätherbst ab Mitte/Ende Oktober wetterfeste Klamotten einpacken…nicht vergessen: in den Bergen kann sich der Wind schnell drehen und nachts ist´s auch in Andalusien dunkel (und frisch)…wogegen es auch im November noch geil warm sein kann…egal ob in Nerja am Strand, oder am Fels in der Sonne!…und mit netten Besuchern macht gleich alles doppelt Spaß!

  

…unser persönlicher Highlight Besucher war aber ohne Zweifel HUGO…Nachname SPRITZZ…seinesgleichen ein Doggenbaby, das eines Abends ohne Vorankündigung oder Einladung zur geöffneten Tür des Mobilehomes hereinspazierte und somit für großen Wirbel sorgte!…nach einem wie immer kulinarischen abendlichen Festmahl hatte ich mich schon in meine Trainer-Vierwände verzogen, bis ich lautes Gerumpel und helle Aufregung bei meinen Nachbarn „erahnen“ konnte (…es hörte sich an als ob dort die komplette Einrichtung demoliert würde). …in solchen „Extremfällen“ neige ich dazu erstmal Ruhe zu bewahren und abzuwarten…abwarten hat genau eine Minute gedauert, dann stapfte es schon vor meinem Mobilehome und eine leicht aufgedrehte Nina klopft wild an der Tür: „Marie, da sitz was grosses schwarzes unter Sabines Bett“…das grosse Schwarze war ein kniehohes verängstigtes Doggenbaby, das durch liebevollen Zureden von uns unterm Bett hervorgeholt wurde (…den zuerst angestrebten Versuch der besagten Zimmerbewohnerin das Häufchen Angst mit dem Kehrbesen hervorzuholen möchte ich hier unkommentiert lassen). Einmal aus seinem Versteck befreit hat sich der Kleine zu einem doch recht anhänglichen Gefährten entwickelt, der uns erstmal mit seinem lauten Geschnarche unterm Mobilehome wachgehalten hat und uns danach nicht mehr von der Seite gewichen ist…“leider“ wurde er dann doch von seiner Besitzerin eingesammelt- wir hatten schon über eine Hundeadoption nachgedacht!


…nach stöbern durch meine Fotos, leute ich nun die letzten Tage in El Chorro ein…suuuuper, jetzt hab ich doch einen Kloß im Hals!…warum?…ist doch eigentlich klar: die letzten Tage sind ja tendentiell die schönesten, gehen am schnellsten vorbei und wenn man dann- so wie ich jetzt- in Erinnerungen schwelgt, die gerade erst maximal zwei Wochen alt sind, dann kann man schon mal melancholisch werden!
Eine Überraschung der Extraklasse war mein König, der wohl Angst hatte, dass ich nicht in den Flieger nach Hause einsteigen würde und mich spontan besucht bzw. abgeholt hat!…nach seiner Aussage auch der einzige Besuch seinerseits, bei dem das Wetter (ich sach´s doch: Thema Nummer eins!) mitgespielt hat. Ist natürlich völlig übertrieben, denn bei seinen insgesamt viereinhalb Wochen Besuch in El Chorro dieses Jahr hatten wir EINIGE schöne Sonnentage!…also so mindestens 10!…however: es gab noch ein weiteres „Projekt“, das in wahrsten Sinne des Wortes angegangen werden musste! Einmal auf den Sierra de Huma- der höchste Berg in Sichtweite!…wer mich nun ein wenig kennt, der weiss um meine nicht enden wollende Wanderslust …ähhhh…jooooah! ….NEIN!…aber ich kann ja die Klappe nicht halten und wer groß tönt, dass man da tatsächlich unbedingt noch rauf muss, der kann ja dann nicht den Schwanz einziehen!…ich würde mir manchmal wünschen so heiser zu sein, dass nur Menschen, die Lippen lesen können den Blödsinn verstehen, der oft unkontrolliert aus der grossen Klappe sprudelt!!!…zu meiner Verteidung muss ich sagen, dass  die große Freude Markus wiederzusehen mein Hirn offenbar so dermaßen mit rosarotem Nebel gefüllt hat, dass ich bei Anbruch unserer Tour sogar ein Anflug von Freude über die geplante Wanderung verspürt habe!…diese hinterlistige heimtückische Liebe mal wieder!…da wird man quasi zur verblendeten Mari(onette)…lange Rede kurzer Sinn: ich war oben! Und hab beim Raufgehen auch nicht gemotzt!…über den Rückweg durch eine nicht enden wollende Schotterpiste möchte ich keine weiteren Worte verlieren in der Hoffnung das Gefühl möglichst schnell wieder zu vergessen und somit weiteren Unternehmungen in den Bergen, die keine Kletterwand zum Ziel haben, nicht im Wege zu stehen!!…was soll ich sagen?…wir werden den Ausflug sicher niemals vergessen…ähnlich wie die Schlammschlacht in El Torcal…oder die erste Mehrseillänge mit riesigem Seilsalat beim Abseilen (…jaaaaahaaaa…ich hab bei sowas keine- also ich meine so ÜBERHAUPT GAR KEINE- Geduld!)…oder die letzten Abschieds-Mehrseillängen…eine liebe Freundin hat das ganz richtig formuliert: „Solche Erlebnisse brennen sich ins Hirn“…und mein Hirn ist schon kurz vorm überhitzen!

Einen weiteren Temperaturanstieg im Marie-Oberköpfchen verursachte dann der letzte- also ich meine echt der ALLERLETZTE- Tag vor Abflug: als dreier Seilschaft sind Sabine, Markus und ich nochmal die 11 Seillängen bis zum Gipfel hoch. Den ganzen Tag in der Wand und ich quasi in der Position einer Bergführerin, die ihre Schäfchen sicher nach oben bringen wollte. Wenn ich mich nicht schon früher als „local“ gefühlt habe- jetzt war es dann soweit. Ein traumhaft königlicher Abschied von meinen Bergen…maaaaaaan…Kloß im Hals ist schon wieder da!…

Tschääääää wars…bleibt nur eins zu sagen:

Nur wer selbst brennt,  kann Feuer in anderen entfachen!

…ich brenne fürs klettern…ich brenne für El Chorro und die Climbing Lodge…ich brenne dafür meine Leidenschaft weiterzugeben! Das Feuer lodert…

TO BE CONTINUED…

 

 

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